Akupunktur (TCM-Traditionelle Chinesische Medizin)
Geschichtliches
Die Ursprünge der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) entstammen dem alten China. Das älteste Lehrbuch, das „Huang
Di Nei Jing“ (der Klassiker der Inneren Medizin des Gelben Kaisers), wurde etwa anno 300 vor unserer Zeitrechnung verfasst
und gilt noch heute als eine der bedeutenden Grundlagenwerke der TCM. Es belegt, wie früh in China bereits eine für
damalige Verhältnisse weitentwickelte differenzierte Betrachtung der Natur, des menschlichen Wesens, der Ursachen von
Krankheit und deren Behandlung existierte. Die TCM umfasst verschiedenartige Therapien: Akupunktur, Moxibustion (Erwärmung
von Akupunkturpunkten durch glühende Kräuter), Kräuterheilkunde, Diätetik (Ernährungstherapie), Tui Na und An Mo (spezielle
Massage) sowie Qi Gong und Taiji Quan (Bewegungstherapien). Diese Therapien können einzeln oder auch parallel zueinander
angewandt werden.
Akupunktur ist eine mehr als 2000 Jahre lang bewährte Therapie. Durch das Nadeln spezifischer
Punkte, welche an genau bestimmten Stellen des gesamten Körpers zu finden sind, können körpereigene Kräfte aktiviert
und die Gesundheit damit wiederhergestellt werden. Durch die Nadelung individuell verschiedener Punktekombinationen,
die bei verschiedenen Patienten trotz vergleichbarer Symptomatik vollkommen unterschiedlich ausfallen können, wird der
Organismus stimuliert, sich selbst wieder in Balance zu bringen. Ähnlich wie in der Homöopathie erfolgt eine Aktivierung
der körpereigenen Selbstheilungskräfte. In traditionellem Sinne formuliert, zielt die Akupunktur darauf ab, den Fluss
der Lebensenergie, die in China „Qi“ (sprich Tschi) genannt wird, zu regeln. Eine gleichmässige Energieversorgung der
Organe gewährleistet deren ordnungsgemässe Funktion. Die „Kanäle“, in denen die Energie fliesst, werden Meridiane genannt;
sie verbinden perlschnurartig die mehr als 1000 bekannten Akupunkturpunkte, wobei sich die am häufigsten verwendeten
Punkte auf 361 beschränken. Die Meridiane verbinden aber nicht nur die ihnen zugehörigen Punkte untereinander sondern
vernetzen zudem über innere Verläufe auch die inneren Organe.
Integrale Diagnostik/Therapie nach TCM
Die TCM betrachtet den Patienten in seiner Gesamtheit; das Gesamte ist wesentlich mehr,
als nur die Summe der einzelnen Teile. Im Rahmen der Diagnostik wird das Augenmerk nicht ausschliesslich auf die messbaren
krankheitsverursachenden Umstände gerichtet. Die geistige und gefühlsmässige Verfassung des Patienten ist auf der Suche
nach der Krankheitsursache nicht weniger bedeutsam als die sicht- und messbaren Umweltfaktoren. Emotionale Belastungen
wie Ängste, Stress, Sorgen, Trauer, Beleidigungen, Demütigungen, Enttäuschungen etc. sind ebenso geeignet, organische
Krankheiten zu verursachen wie Hitze, Kälte, Wind, Feuchtigkeit, Trockenheit.
Energie in Balance
Jede der vorgenannten Faktoren kann bereits für sich allein dazu führen, dass der Energiefluss
ins Stocken gerät oder sogar unterbrochen wird. Dies hat zur Folge, dass eine ausgewogene Energieversorgung diverser
Organe oder Körperpartien nicht mehr gewährleistet ist; der Energiehaushalt gerät aus dem Gleichgewicht, es kommt einenteils
zu Energiestauungen (Fülle-Erkrankungen) und andererseits zu Energiemangelerscheinungen (sogenannte Leere-Erkrankungen).
Beide Zustände sind pathologisch, dass heisst, beide und jeder für sich allein erzeugt entsprechende Organfunktionsstörungen
oder gar Organschäden. Mittels Akupunktur ist es möglich, diese energetische Ungleichverteilung zu beheben. Mit Hilfe
entsprechender Nadelstich- und Nadel-Stimulationstechniken wird beispielsweise bei einer Fülleerkrankung sedierend (beruhigend),
im gegenteiligen Falle tonisierend (anregend) genadelt.
Nah- und Fernpunkte
Für den Laien
regelmässig verblüffend ist die Tatsache, dass, ausser gelegentlich im Anwendungsbereich der Schmerztherapie, in der
Regel die Nadeln gerade nicht dort gesetzt werden, wo sich die körperlichen Beschwerden manifestiert haben.
Migränepatienten, Patienten mit nahezu jeder Art Beschwerden im Magen-Darm-Trakt,
Bluthochdruckpatienten, Allergiker, Menschen die unter nervlicher Erschöpfung,
Konzentrationsschwäche, Einschlafproblemen oder Durchschlafstörungen etc. leiden, werden ganz
überwiegend und teilweise sogar ausschliesslich im Bereich der Extremitäten akupunktiert.
Entsprechendes gilt im Regelfalle für die Behandlung von
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Asthma und chronischer Bronchitis
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Rücken- und Kreuzschmerzen
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Ischiasschmerz
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Muskelverhärtungen besonders im Rücken- und Nackenbereich
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Rheumaschmerzen
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chronischer Arthritis und Gelenk-Arthrosen
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Depressionen
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Schwindelanfällen
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Wechseljahrbeschwerden
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Gewichtsreduktion
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Raucher- und Alkoholentwöhnung
Mehr als Schmerztherapie
Akupunktur wird in unseren Breitengraden von vielen noch immer lediglich mit Schmerzlinderung
oder Schmerzbeseitigung in Verbindung gebracht. Doch ausser der analgetischen Wirkung, die auf einer gezielten Wirkung
der Nadeln auf das zentrale und periphere Nervensystem beruht, wirkt sie nachgewiesenermassen zudem auf das humoral-endokrine
(hormonelle) als auch auf das Immunsystem, die Blutzirkulation und über die Aktivierung musculoaktiver Substanzen und
Bewegungs-(Muskel-)Ketten auf die Muskulatur. Das Anwedungsgebiet der Akupunktur ist demzufolge noch breiter, als vorstehend
bereits aufgezeigt.
Physis und Psyche
Akupunktur wird gleichermassen erfolgreich bei Erkrankungen und Beschwerden eingesetzt,
welche ihre Ursache nicht in einer Organschädigung haben. Die psychisch beruhigende und energetisch stabilisierende
und ausgleichende Wirkung der Akupunktur führt in den meisten Fällen zu einer erfolgreichen Behandlung vieler
psychischer bzw. psychosomatischer Erkrankungen wie beispielsweise innerer Unruhe,
Nervosität, Erregungszustände, Schlafstörungen, Herzneurosen etc.
In diesem Zusammenhang steht auch die positive Wirkung auf Patienten, die unter Depressionen leiden.
Eine entspannende Wirkung auf verspannte oder verhärtete
Muskulatur (auch bei Myogelosen) zeigt sich bei der Behandlung von Schmerzzuständen der Wirbelsäule,
die mit Verspannungen der Rücken und Nackenmuskulatur einhergehen.
Akupunktur hat ausgleichende (homöostatische) Wirkung auf viele Regulationsgrössen im
Körper wie Blutdruck, Blutzucker oder Blutfette. Auch die Durchblutung
von Organen oder periphären Körperteilen, wie beispielsweise der Füsse und Hände, kann durch Akupunktur verbessert
werden.
Akupunktur kann das starke Verlangen nach Drogen oder Alkohol
bei Suchterkrankungen deutlich mindern und im Idealfall beseitigen, wobei das Thema Raucherentwöhnung als
zugehörig betrachtet wird; auch hier ist die Akupunkturwirkung auf das vegetative Nervensystem und die damit einhergehende
psychisch beruhigende Wirkung der Akupunktur von grosser Bedeutung.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte eine Indikationsliste für Akupunktur,
in der unter anderem folgende Erkrankungen als mit Akupunktur erfolgreich behandelbar bestätigt werden:
Nasennebenhöhlenentzündung, Asthma bronchiale, Zahnfleischentzündung, Gastritis,
Verstopfung, Diarrhö, Migräne, Trigeminusneuralgie, Lähmungen
nach Schlaganfall, Schulter-Arm-Syndrom, Tennisellbogen, Ischialgie,
Lumbalgie, rheumatoide Arthritis und vieles mehr (siehe: Indikationen).
Bei Vorliegen von Schmerzzuständen wird oft bereits durch die erste nadeltherapeutische Behandlung
ein deutlicher Erfolg erzielt. Einer praktischen Studie von Pothmann und Stux im Jahre 1978 zufolge konnten bei 34 Patienten
mit Schulterschmerzen bei 85% der Patienten durch die Nadelung ausschliesslich des am Bein, auf dem Magen-Meridian,
gelegenen Punktes Tiaokou die akuten Schmerzen deutlich gemildert und die eingeschränkte Beweglichkeit aufgehoben werden.
Dabei zeigte sich bei 38% der Patienten schon nach der 1. Sitzung eine deutliche Besserung, bei 47% waren 2-3 Sitzungen
notwendig.
Nach Auffassung der traditionellen chinesischen Medizin wird nicht zwischen psychischen und organischen
Krankheitsursachen bzw. Erkrankungen im Sinne der westlichen Medizin unterschieden; Krankheit liegt demnach stets dann
vor, sobald der Mensch energetisch aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die verlorene energetische Balance wiederherzustellen,
ist Aufgabe und Domäne der Akupunktur. Und das dies gelingt, haben unzählige erfolgreiche Akupunkturtherapien im Laufe
von mehr als 2000 Jahren bewiesen. Voraussetzung einer wirkungsvollen Akupunktur allerdings ist, dass sie gekonnt und
fachgerecht ausgeführt wird, was zum Leidwesen der hilfesuchenden Patienten bedauerlicherweise zu oft nicht der Fall
ist, wobei die 'schwarzen Schafe' in allen Reihen der Behandler zu finden sind. Richtig angewandt allerdings handelt
es sich bei Akupunktur um eine profund wirkende und körperschonende, weil nebenwirkungsfreie Heilmethode mit erstaunlich
breitem Anwendungsbereich.
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